Wenn der Baum fliegt…

Es ist noch dunkel, als sich das Team Forst der GBG am frühen Morgen des 30. Oktober 2025 auf den Weg macht. In den Pickups ist die Stimmung entspannt, aber erwartungsvoll, schließlich ist es ein besonderer Tag: Heute wird der Christbaum für den Grazer Hauptplatz geholt. Eine 28 Meter hohe Fichte, rund 150 Jahre alt, gewachsen auf 1400 Meter Seehöhe im Revier von ÖR Carl Prinz von Croÿ in St. Oswald ob Eibiswald, unmittelbar an der steirisch-kärntnerischen Grenze.

Ein Baum mit Symbolkraft

Gespendet wird der heurige Hauptplatz-Christbaum von der Steiermärkischen Kammer für Arbeiter und Angestellte in der Land- und Forstwirtschaft, kurz Landarbeiterkammer, die heuer ihr 75-jähriges Bestehen feiert. Der Baum stammt aus dem Forstbesitz von Prinz von Croÿ, Obmann der Land- und Forstbetriebe Steiermark, und wächst in unmittelbarer Nähe der Dreiecksalm, wo Steiermark, Kärnten und Slowenien aufeinandertreffen.

Der Standort hat gewisse Symbolkraft passend zum Start der Koralmbahn im Dezember, die Graz und Klagenfurt auf schnellstem Weg per Zug verbindet. Der Christbaum aus dieser Grenzregion soll so die neue Nähe zwischen den beiden Bundesländern widerspiegeln.

Ankunft im Nebel

Gegen sieben Uhr trifft der Konvoi in St. Oswald ein. Die Forstarbeiter aus Graz begrüßen die Förster des Reviers, darunter Erich Lindner, der bereits im Mai nach geeigneten Bäumen in seinem Revier umgeschaut hat. Der Himmel hängt grau über den Bergen, die Luft ist klar und feucht. Dann geht es weiter: 20 Minuten Fahrt auf Forststraßen, vorbei an im Wind wackelnden Fichten, bis zur Dreiecksalm. Dort steht er, der Baum. Mächtig, gerade, von dichtem Nadelkleid, geschützt zwischen den Wäldern. Die Firma Prangl hat bereits den Kran ausgefahren, der Tieflader wartet auf seinen Einsatz.

„Nicht runterfallen“ – Humor in luftiger Höhe

Bevor der Baum fallen kann, muss er erst fliegen lernen. Martin Strobl, der Kletterer des Team Forst, legt seine Ausrüstung an. Sicherungsgurt, Helm, Steigeisen. In wenigen Minuten ist er im Wipfel, um die Transportschlinge des Krans zu befestigen. „Worauf man beim Klettern achten muss? Nicht runterfallen“, sagt er mit einem Lächeln. Der Schmäh sitzt, doch wenn es um Sicherheit geht, herrscht höchste Konzentration. Hannes Grabner, der erfahrenste im Team, setzt die Säge an. Holzstaub und Späne wirbeln durch die klare Bergluft. Sekunden später hebt Kranfahrer Michael Felber die Fichte langsam an. Kein „Baum fällt“, sondern „Baum fliegt“. Ein Moment, der jedes Jahr für Gänsehaut sorgt, wenn der Christbaum der Stadt Graz schwebend seinen Weg vom Wald in die Stadt antritt.

Kraftakt im Wald

Doch bevor der Baum reisen kann, beginnt die härteste Arbeit des Tages: das Binden der Äste. Rund um den 28 Meter langen Stamm arbeiten die Männer Schulter an Schulter. Jeder Griff sitzt. Mit vollem Körpereinsatz pressen sie die mächtigen Äste an den Stamm und fixieren sie mit Draht. Die Stimmung ist konzentriert, aber gut. „Wie ein Uhrwerk“, denkt man sich beim Zuschauen. Und tatsächlich, man spürt, dass hier ein eingespieltes Team am Werk ist. „Als Stadtförster ist es mein 34. Baum, den wir abholen. Als Vertreter der Landarbeiterkammer mein erster“, sagt Peter Bedenk, Vizepräsident der Landarbeiterkammer und Stadtförster von Graz, und lächelt zufrieden. „Dass dieser Baum ausgerechnet von dort kommt, wo sich die Steiermark mit Kärnten verbindet, passt heuer einfach perfekt.“

Von der Koralpe in die Stadt

Als die letzten Drähte gespannt sind, ist der Baum bereit. Auf dem Tieflader wird er langsam die Forststraße hinabgeführt, vorbei an Wiesen und durch enge Kehren, bevor er später auf einem Lagerplatz nahe Graz ankommt. Dort ruht er, bis er am 3. November ab 5 Uhr früh am Grazer Hauptplatz aufgestellt wird. Sein großer Auftritt folgt am 29. November, wenn zur offiziellen Illumination die Lichter erstrahlen und der Baum zum strahlenden Mittelpunkt des Grazer Advents wird.

Ein Tag voller Dankbarkeit

Nach getaner Arbeit kehrt die Mannschaft noch auf eine warme Mahlzeit ein. Der Wind hat sich gelegt, der Nebel löst sich langsam auf. Alle sind erleichtert. Keine Verletzungen, keine Pannen. Nur müde, zufriedene Gesichter. Beim Abschied sagt einer: „Bis morgen!“ Denn um 6.30 Uhr geht es für das Team Forst in Graz schon weiter.

> Bericht der Stadt Graz

> Artikel der Kleinen Zeitung